Opi
wpe586d2ee.png


wpe61e9d8c_0f.jpg     Der Opi     wp9dff42ae_0f.jpg

Opi ist unser Sondermodell. Opi ist etwa 22 Jahre alt und hat Haare auf den nicht mehr vorhandenen Zähnen. Er ist riesengroß, aber mittlerweile ziemlich dünn. Sein getigertes Fell ist zottelig und speckig, lässt sich aber auch mit Kamm, Bürste und Trockenshampoo nicht mehr bändigen. Das Beste an Opi ist sein Kopf. Er sieht aus wie ein Nussknacker. Der Unterkiefer ist irgendwie falsch gelagert. Dadurch ist die Kinnpartie nach vorne geschoben. Dieser Effekt hat sich durch das leider notwendige Ziehen sämtlicher Zähne vor einigen Monaten noch verstärkt. Opi sieht deshalb aus wie ein zu allem entschlossenen Chicago-Gangster mit Hut, der mit scharfen Blicken aus grünen Augen um sich schießt. Sein Motiv heißt FUTTER. KATZENFUTTER.

Opi hat FIV. Schon seit mehreren Jahren. Aber das scheint ihm irgendwie egal zu sein, jedenfalls ist er quietschfidel und kein bisschen kränklich. Wie gesagt: Haare auf den Zähnen. In seinem Zimmer stehen die Quarantäne-Boxen. Was der schon an Krankheiten hat kommen und gehen sehen… hat ihn alles nicht weiter berührt. Störend ist alleine sein chronischer Durchfall, bei dem sich gleichzeitig viele Darmzotten verabschieden *mahlzeit*. Das nervte uns nach einiger Zeit doch sehr, zumal Opi sein großes Geschäft nie in seinem Klo zu erledigen pflegte. Also fingen wir an, mit Futter zu experimentieren. Wir landeten bei Rinti Hundefutter –das in den kleinen 200g-Dosen-  und Vitaminkonzentraten und waren entzückt, Opi plötzlich wieder feste Haufen auf den Steinfußboden legen zu sehen. Opi selber war wohl mindestens genauso verzückt, denn  er fing tatsächlich an, etwa jeden 10. Haufen in einem seiner Klos zu platzieren. Es könnte also alles so schön sein. Wenn da nicht die Sache mit dem FUTTER  wäre. KATZENFUTTER.

Opi lebt bei uns in der großen Küche. Gemeinerweise bereiten wir dort das Frühstück und Abendessen für alle Katzen zu. Der eine kriegt Schälchen, der andere frisst nur Whiskas, der dritte aber bitte mit Soße, der vierte reines Huhn. Nur Opi, der kriegt Rinti. Der will aber auch Katzenfutter. Und so spielen sich jeden Morgen und jeden Abend bei uns in der Küche ähnliche Szenen ab. Für Opi sind die Futterzeiten das Highlight des Tages. Wenn man mit den Dosen im Arm die Küchentür öffnet, steht er bereits mit zu allem entschlossenen Blick auf der Arbeitsplatte, den Chicago-Hut tief ins Gesicht gezogen. Er fixiert die Dosen und begleitet mit strengem Blick deren Weg bis zum Abstellplatz.  Dort kriegt er als erstes sein Hundefutter, was ihn aber überhaupt nicht interessiert. Wenn man es ihm auf den Boden stellt, springt er zwar hinterher. Wenn man dann aber der Meinung ist, er bliebe da unten und man könne ihn Ruhe die restlichen 30 Näpfe füllen, hat man sich sehr getauscht. Er braucht nur das leise „Schnapp“ des Dosenverschlusses zu hören, schon ist er wieder oben. Im Laufe einer normalen Frühstücksfütterung werfen wir ihn zwischen 30 und 36 mal von der Küchenplatte – wir haben nachgezählt. Opi könnte genauso gut auch „Verschwinde“ oder „Runter da“ heißen. Immerhin hält ihn das Springen wunderbar fit.

Opi ist so schnell, das glaubt man gar nicht. Man darf das Futter nicht aus den Augen lassen. Wenn man sich für zwei Sekunden mal halb umdreht, kann man sicher sein, dass er direkt einen halben Napf auf einmal runtergeschlungen hat. Dann sitzt er da, wedelt freundlich mit seinem Schwanz und wartet auf Nachschub. An manchen Tagen gelingt es einem, vier oder fünf Näpfe zu füllen, ohne dass er was ergattert. Allerdings darf man die leeren Dosen auch nicht einfach stehen lassen. Sonst schleudert er sie quer durchs Zimmer in der Hoffnung, dass noch Reste rauskommen und schleckt die verspritzten Bröckchen dann genüsslich von Wänden und Böden. Immerhin hat das den Vorteil, dass man die Schweinerei nicht nachputzen muß. Ist alles blitzeblank nach so einer Aktion. Etwas unschön ist es, wenn es sich um Beutelfutter handelt. Da tritt er so lange auf den Beuteln rum, bis Soße rauskommt und man muß höllisch aufpassen, dass man nicht auf den Resten ausrutscht. Überflüssig zu beschreiben, dass wir die Küche mehrmals täglich durchputzen müssen…. Man sollte die leeren Dosen also tunlichst sofort in den Mülleimer entsorgen. Hierbei darf man aber nicht vergessen, die Türe des Einbauschrankes danach wieder zu verschließen. Denn sonst findet man nicht nur eine Dose verspritzt an der Wand vor, sondern alle aus diesem Mülleimer. Ein wahres Festmahl für Opi. Eine elendige Schweinerei für alle anderen.

Kommt man dann von einer Fütterungstour mit den gebrauchten Näpfen vom Vortag zurück, muß man besondere Vorsicht walten lassen. Sobald man sie abstellt, übernimmt Opi knurrend die Herrschaft. In der Regel sind die Näpfe ja leer, aber die festgebackenen kleinen Reststückchen scheinen eine besondere Faszination auszuüben. Die Schüsseln werden von allen Seiten und aus allen Perspektiven nach Krümeln abgesucht. Also lässt man am besten Spülwasser ein und taucht die Näpfe sofort unter. Das hilft aber auch nur begrenzt, denn Opi steht mit den Vorderbeinen in dem einlaufenden heißen (!) Wasser, das aus dem Hahn über seinen Kopf ins Spülbecken läuft und versucht verzweifelt, die Bröckchen vor dem Untergang zu retten. Vor einiger Zeit habe ich mal nur wenig Wasser (mit Spüli!) eingelassen und bin rausgegangen. Als ich später wiedergekommen bin, war das Wasser weg. Ich dachte, der Stopfen sei nicht ganz dicht gewesen, aber die Krümel an den Näpfen waren ebenfalls verschwunden. An diesem Tag hat Opi bis spät in die Nacht Spülwasser gekotzt. Alternativ kann man die Reste auch in eine Abfalltüte kratzen. Die muß man dann aber ganz hoch aufhängen, sonst krabbelt er rein und verfängt sich drin. Es spielt übrigens keine Rolle, wenn neben den Futterresten auch schon der Dreck aus den Katzenklos in der Tüte ist. Da ist der hart im Nehmen, der wird geflissentlich ignoriert. Leider pflegt Opi sich nach so einer Aktion nicht zu putzen, was man dann auch noch übernehmen muß.

Opi muß leider in der Küche leben, denn Opi ist bissig auch ohne Zähne und verträgt sich mit anderen Katzen nicht. Das hat nichts damit zu tun, dass er die anderen nicht mag, sondern alleine damit, dass sie schneller am Katzenfutter sind als er selbst und ihm so was wegfressen könnten. Manchmal lasse ich Opi heimlich aus der Küche in den Hausflur, wo auch diverse Katzen leben und gefüttert werden. Da er früher Freigänger war, sollte man annehmen, dass er die Bewegung genießt, aber die Freiheit interessiert ihn nicht ein Stück. Er steht mitten im Flur, hochkonzentriert und mit Stechblick und ortet na was wohl? Futterplätze. Wenn er einen gefunden hat, schleicht er blitzschnell hin und schlingt alles runter, was er dort vorfindet. Dann peilt er den nächsten Napf an. Und wehe, man versucht, ihn davon abzuhalten!

Den Vogel abgeschossen hat Opi neulich bei einer Verschlingaktion. Er saß lauernd auf der Küchenarbeitsplatte, ich stellte ein volles Näpfchen in eine Quarantänebox, die gegenüber in ca. zwei Meter Entfernung geöffnet auf einem Tisch stand. Plötzlich flog etwas haarscharf an meiner Nasenspitze vorbei durch die kleine Öffnung in die Box hinein. Der fliegende Opi! Haargenau ausjustiert und hervorragend getroffen. Genau mit dem Großmaul in das Futter. Welches er sich sogleich in affenartiger Geschwindigkeit reinpfiff. Kurze Zeit später kam es aber wieder hoch – war wohl zu viel auf einmal. Er würgte es also auf den Boden und ich deckte es mit einem Stück Küchenpapier ab, weil Opi nicht glauben sollte, man springt, wenn er kotzt. Ich verließ kurz das Zimmer und als ich wiederkam, war das Erbrochene weg. Verschwunden war außerdem das Stück Papier. Guten Appetit, scheint geschmeckt zu haben. Opi saß freundlich wedelnd mit schiefgelegtem Kopf auf der Arbeitsplatte und wartete geduldig auf seinen nächsten Einsatz.

Opi ist unser aller Liebling, auch wenn er täglich nervt. Er ist ein Unikat, und wir werden alles dafür tun, dass er noch ganz lange bei uns bleiben kann!

Dagmar Hollenstein, Guxhagener Katzenhilfe e. V.


PS. Opi ist im Februar 2006 gestorben. Sein FIV war ausgebrochen, er wurde immer dünner und schwächer, hatte eine heftige Erkältung, der Durchfall war ganz schlimm. Medikamente nutzten nichts mehr, wir haben alles durchprobiert. Wir haben uns das vier Wochen lang angesehen, und es ging immer weiter bergab. Dann haben wir beschlossen, ihn ins Regenbogenland gehen zu lassen. Lebensverlängernde Maßnahmen und Tablettenschluckerei wäre nur Quälerei gewesen. Wir hoffen, dass er jetzt da oben immer auf gefüllte Näpfe trifft.



 

wpb523325c.png